„Bewusst unbewusst“ ist das Motto der sogenannten „Lesemotive“. Dieser Klassifizierungsstandard macht den emotionalen Zugang zu Büchern aus Perspektive der Kundinnen und Kunden sichtbar und dementsprechend nutzbar. Dies funktioniert durch das abgestimmte Zusammenspiel von Bildern, Farben, Typografie und Sprachstil, zum Beispiel bei der Gestaltung eines Buchcovers. So kann mit nur einem Blick nicht nur Genre und Tonalität erfasst werden, sondern auch, welches Lesebedürfnis das Buch bedient. Lesemotive machen dadurch das emotionale Erleben beim Lesen greifbar und schaffen so neue Inspiration und Kaufimpulse in der Buchvielfalt.
Die Anwendungsmöglichkeiten sind vielfältig. In der Buchhandlung können anhand der Lesemotive-Kategorien das Sortiment neu strukturiert oder warengruppenübergreifende Empfehlungstische kuratiert werden. Dafür haben unsere Kolleginnen Katrin und Lorina aus der Abteilung Marketing & Kommunikation Plakate zu ausgewählten Lesebedürfnissen gestaltet. Wir haben sie gefragt, wie sie vorgegangen sind.
Ihr habt zu neun verschiedenen Lesemotiven Plakate gestaltet, wie fängt man überhaupt an?
Lorina: Es gab ein Briefing von unserer Lesemotive-Expertin Stephanie Lange, die zu dem Zeitpunkt gerade zusammen mit zehn Schweizer Buchhandlungen an einem Pilotprojekt zur Einführung der Motive gearbeitet hat. Daraufhin haben wir uns intensiv mit den entsprechenden Lesemotiven und den Anforderungen beschäftigt, die damit einher gehen. Dazu gehört nicht nur das Verständnis der dahinterliegenden Bedürfnisse, sondern auch das der Farbwelt, Tonalität und Schriften. Hier hat uns das Briefing sehr geholfen, da zum Glück schon viel Vorarbeit mit konkreten Beispielen geleistet wurde.
Dann habe ich, passend zu diesen Anforderungen, pro Lesemotiv mehrere Stock-Bilder rausgesucht, die wir dann nach und nach immer weiter eingegrenzt haben. Zum Teil war die Suche sehr einfach, zum Beispiel beim Lesemotiv „Nervenkitzeln“, bei dem ich direkt Bilder von gruseligen Gestalten und Blut im Kopf hatte. Bei „Entspannen Unterhaltung“ dagegen war das schon schwieriger, da zum einen das Bedürfnis schwerer zu greifen ist, zum anderen, weil die Abgrenzungen zu „Entspannen Literatur“ oder „Leichtlesen ältere Zielgruppe“ fließend sein können.
Wie ging es nach der ersten Bildauswahl weiter?
Katrin: Mit dem Bild alleine ist es natürlich noch nicht getan. Wenn man sich Plakate in den Buchhandlungen näher anschaut, sind sie immer noch etwas bearbeitet und mit weiteren Design-Elementen und Texten versehen, um das Bild abzurunden. Auch hier lassen sich die Lesemotiv-Vorgaben nicht nur perfekt anwenden, sondern müssen auch für eine stimmige Aussage mitgedacht werden. Bei der vorangegangenen Bildauswahl hatten wir uns noch auf die einzelnen Plakate konzentriert. Im nächsten Schritt wollten wir dann eine gemeinsame optische Klammer finden, die auch Texturen, Farben und Formen der Elemente mit einbezog. Das war manchmal ganz schön knifflig.Apropos Text. Worauf muss man hier achten?
Lorina: Zu einigen der Lesemotive hatten die Schweizer Pilot-Buchhandlungen schon erste Vorschläge gebrainstormt. Deshalb konnten wir bei manchen Claims direkt in den Feinschliff gehen, während wir bei anderen bei null angefangen haben. Wichtig war immer sowohl das Genre wie auch das Lesebedürfnis in einem Claim zu vereinen und die passende Schriftart auszuwählen.
Am Beispiel der Plakat-Anforderung für „Eintauchen Fantasy“ haben Begriffe wie „Abenteuer“, „Unbekannte“ und „andere Welten“ auf das Genre und „Mittendrin“ und „Erleben“ auf das Bedürfnis Eintauchen angespielt. Daraus sind die Claims „Mitten ins Abenteuer“, „Erlebe das Unbekannte“ oder „In anderen Welten zuhause“ entstanden.
Wie schon bei den S
chritten vorher, haben wir auch hier für jedes Lesemotiv mehrere Versionen gestaltet und uns schließlich gemeinsam mit Stephanie auf den finalen Claim geeinigt.
Die Plakate sind fertig, und nun?
Katrin: Nach einem finalen Feinschliff ist das erfolgreiche Teamwork dann zu Ende gegangen. Für mich war es jetzt schon die zweite Design-Runde, nachdem ich im Frühjahr bereits die Plakate für die Präsentation in der Buchhandlung Ludwig in Leipzig übernehmen durfte. Es ist immer wieder spannend zu sehen, wie vielseitig die Lesemotive eingesetzt werden können und so zu einem runden Verkaufserlebnis beitragen. Die neuen Plakate stehen jetzt allen Buchhandlungen kostenfrei auf Anfrage zur Verfügung, um die eigene Präsentation der Bücher nach den Lesemotiven zu unterstützen.
Weitere Einblicke und Informationen
Alle von Katrin und Lorina gestalteten Lesemotiv-Plakate:
Weitere Informationen zu den Lesemotiven.
Weitere Informationen zum Pilotprojekt in der Schweiz.