Drei Fragen an die "Hacker"
Nachdem der erste MVB-Hackathon unserer IT-Entwicklung im letzten Jahr ein voller Erfolg war, ging es im November 2024 in die nächste Runde.
Organisiert wurde die kollaborative Veranstaltung auch dieses Jahr wieder von Christian, dem Leiter der Abteilung. Überzeugt vom Format, forderte er sein Team erneut dazu heraus, für einen Tag die alltägliche Arbeit links liegen zu lassen und sich an etwas Neuem zu probieren. Das Ziel war, sich einer konkreten Aufgabenstellung zu widmen und die eigene Komfortzone zu verlassen. In neuen Team-Konstellationen konnten sich die Kolleginnen und Kollegen kreativ und mit sichtlich viel Spaß ausleben und sich Gedanken über Herangehensweisen, Lösungswege und Codes machen.
Unsere Volontärin Lorina war dieses Jahr vor Ort im Haus des Buches mit dabei und hat sich das Ganze mal genau angeschaut.
Pünktlich um 8:30 Uhr ging es erstmal mit der Aufgabenstellung los: „Customer Service From Hell“. Jedes Team sollte eine Benutzeroberfläche bauen, bei der man den Kundenservice via Chatbot kontaktieren kann – und zwar so schwer und kompliziert wie möglich. Zudem sollten alle Anfragen an den Chatbot möglichst komplex und unnützlich beantwortet werden.
Die drei Teams „Helpdesk Heroes“, „Support Squad“ und „Customer Care Crew“ hatten dafür bis etwa 19 Uhr Zeit. Nach einem gemeinsamen Abendessen versuchte Christian, Leiter der IT-Entwicklung, sich erstmal selbständig und ohne Hilfe zum Chatbot durchzukämpfen, was für ordentliche Lacher sorgte. Anschließend bestand für jedes Team die Option, noch unentdeckte Features vorzustellen.
So wie das Hacken in Filmen dargestellt wird – mit grünleuchtenden Zahlenfolgen à la Matrix, die unendlich schnell über den Bildschirm laufen – ist es natürlich gar nicht. Im realen Leben läuft alles sehr viel ruhiger ab. Für jemanden wie mich, also jemand ohne Programmierkenntnisse, sieht es fast so aus, als würde gar nichts passieren. Zwar habe ich den Tag über ab und zu mal über Schultern gelunst und auch die ein oder anderen verdächtigen Geräusche gehört (dazu später mehr: keine Spoiler!), aber richtig was zu sehen gab es natürlich erst bei der Präsentation abends.
Deshalb habe ich bei den Profis nachgefragt, was genau in den mehr als 10 Stunden zwischen Briefing und Präsentation passiert ist.
Die Aufgabenstellung klang erstmal sehr lustig, aber wie geht man überhaupt vor bei der Entwicklung eines Chatbots aus der Hölle?
Uwe (Customer Care Crew): Wir haben erstmal gemeinsam ein Brainstorming gemacht, was für Gemeinheiten und Schikanen man dem Benutzer so zumuten kann. Dann haben wir uns in zwei Teams aufgeteilt. Das eine Team hat sich ausschließlich damit beschäftigt, eine möglichst unangenehme Weboberfläche zu bauen, die den Weg hin zum Chatbot so steinig wie möglich gestalten sollte. Das andere Team war für die Anbindung von ChatGPT als Chatbot verantwortlich, was ja in der Aufgabe verpflichtend war. Und dann musste dieser so erzogen werden, dass ihm keine hilfreichen Antworten mehr zu entlocken waren.
Max (Helpdesk Heroes): Gar nicht so viel anders, wie bei der Entwicklung von anderen Features auch. Zuerst machten wir uns Gedanken, wie der Chatbot am Ende funktionieren soll und haben schonmal passend dazu ein paar Skizzen entworfen – ganz klassisch mit Paint. Nachdem der Prototyp in Schrift und Form stand, haben wir die passenden Technologien ausgesucht und erstmal losgelegt. Während der Entwicklung haben wir aufkommende Detailfragen als Team entschieden und den vorhandenen Prototypen bis zum Ablauf der Zeit kontinuierlich mit weiteren Features gefüttert.
Mel (Support Squad): Jede und jeder von uns hatte ja nach der Aufgabenstellung schon irgendwelche Ideen im Kopf, also haben wir uns in unserem Team erst einmal dazu ausgetauscht. Danach war auch schnell klar, mit welchen Technologien wir das Projekt umsetzen wollten. Während die einen dann an der Chatbot-Optimierung saßen, haben wir anderen die Webseite aufgebaut. Absprachen und Aufgabenverteilung lief recht unkompliziert, da wir als Team echt gut harmoniert haben.
Von Chatbots in Dialekten über versteckte Rätsel bis hin zu nervigen Geräuschen war alles dabei. Wie seid ihr auf die Ideen gekommen?
Uwe (Customer Care Crew): Nun gut, jeder von uns hat so seine eigenen Erfahrungen mit Kundenservices und Websites. Allen unseren Lösungen gemeinsam war ja zum Beispiel, dass man sich lange und unverständliche AGBs durchlesen musste, und alle haben Captchas eingebaut, bei denen man umständlich beweisen musste, dass man ein Mensch und kein Bot ist. Andere Elemente, die einem den Spaß verderben, waren dann halt Zeitdruck, immer wieder zurückgeworfen werden und alles wiederholen zu müssen, Geräusche und Gezappel, das ablenkt, missverständliche oder versteckte Anweisungen, nichtssagende Auskünfte – wer hat nicht schon darunter gelitten?
Nicht zuletzt hat jeder Softwareentwickler eine kleine, gemeine Ader; oder hätten wir uns sonst einen Beruf gesucht, bei dem man mehr mit Computern als mit Menschen interagiert? 😉
Max (Helpdesk Heroes): Jeder von uns aus dem Team musste leider schonmal Erfahrungen mit solchen Bots und Webseiten machen. Als Basis haben wir „Worst-of“-Features gesammelt und uns überlegt, wie wir sie am nervigsten miteinander kombinieren könnten. Erweitert haben wir die Basis dann mit Ideen, die größtenteils dem Widersprechen, für was wir Entwickler eigentlich stehen wollen: Intuitive Weboberflächen entwerfen. Wir haben uns also gefragt: „Was ist das Gegenteil von dem, was wir sonst immer machen wollen?“
Mel (Support Squad): Wir haben uns im Team erst einmal darüber ausgetauscht, was wir schon so erlebt haben mit Chatbots und nicht auffindbaren Informationen, und darüber dann die ersten Inspirationen gefunden. Beim Recherchieren zu möglichen Umsetzungen kam es dann zu noch mehr Ideen. Selbst ChatGPT haben wir befragt, was uns dann bei der Strukturierung der Seite gut geholfen hat.
Dass Ihr Spaß bei der Aufgabenstellung hattet, war unübersehbar. Was war jedoch die größte Herausforderung?
Uwe (Customer Care Crew): Das waren zum einen auf der technischen Seite das Zusammenführen der Ergebnisse unserer beiden Teil-Teams, zum anderen aber auch die richtige Dosierung der Gemeinheiten. Unser Ansatz hat z. B. das Erreichen der Chatfunktion so umständlich gemacht, dass die Jury kaum dazu gekommen ist, unseren Chatbot auszuprobieren, der so schöne Funktionen hat wie die Antwort als fünfhebigen Jambus, im Stile Goethes oder in einer zufälligen Fremdsprache zu geben.
Max (Helpdesk Heroes): Die größte Herausforderung war die Auswahl der Features, die wir am Ende umsetzen wollten. Vom letzten Hackathon wussten wir, dass wir erstmal mit wenigen Features starten und den Chatbot dann schrittweise erweitern müssen, weil die Zeit letztes Jahr nicht ausgereicht hat. Das wollten wir dieses Jahr besser machen. Dafür mussten wir einige Features am Anfang streichen.
Mel (Support Squad): Eine Herausforderung war auf jeden Fall, bei den ganzen Ideen, die herauszupicken, die sich auch gut in der vorgegebenen Zeit umsetzen lassen. Die größte Herausforderung war vielleicht den Chatbot so zu konfigurieren, dass er zwar nervt und hartnäckig ist, aber man dennoch irgendwie zum Ziel kommt.
Wir halten also fest: An Ideen mangelte es den Teams nicht und mit mehr Zeit hätten sie sich vermutlich noch fiesere Anforderungen ausgedacht. Aber auch so waren bereits alle möglichen Gemeinheiten dabei. Ein paar meiner persönlichen Highlights waren:
- Laute Techno-Warteschleifenmusik
- Miauen bei jedem Mausklick
- Abfrage der AGBs als Quiz
- Ein von der Maus "wegrennendes" Hilfe-Icon
- Ein Warteraumfenster, aus dem man direkt wieder rausfliegt, wenn man es mit dem Mauszeiger verlässt